

"Jetzt bin ich Säufer": Petros feiert Silber-Party
Amanal Petros (Hannover) hat bei der Leichtathletik-WM in Tokio die Gold-Sensation auf dramatische Weise nur denkbar knapp verpasst. Der 30-Jährige musste sich nach einem atemraubenden Zielsprint nur dem neuen Weltmeister Alphonce Felix Simbu aus Tansania geschlagen geben, Petros gewann zeitgleich nach 2:09:48 Stunden Silber - die Entscheidung fiel nach der Zielfoto-Auswertung. Noch nie zuvor in der WM-Geschichte kamen im Marathon der Erste und Zweite zeitgleich ins Ziel. Bronze ging an den Italiener Iliass Aouani (2:09:53).
Kurz vor der Ziellinie habe er "so einen Krampf gekriegt", sagte Petros hinterher: "Ich konnte wirklich nicht volle Pulle laufen. Und am Ende des Tages dachte ich mir eigentlich, dass ich gewinne. Doch dann hat er mich auf dem letzten Meter erwischt." Nach 42,195 km fehlte Petros die Winzigkeit von drei Tausendstelsekunde - im 100-m-Finale hatte der neue Weltmeister Oblique Seville (Jamaika) einen größeren Vorsprung.
Er sei auch "traurig, die Goldmedaille verloren" zu haben, sagte Petros: "Aber ich muss das akzeptieren. Ich meine, ich habe jetzt meine erste Silbermedaille bei Weltmeisterschaften geholt. Ich bin sehr froh und sehr zufrieden". Und es werde eine große Party mit Rotwein geben: "Jetzt bin ich kein Läufer mehr, sondern jetzt bin ich Säufer."
Sein Coup von Tokio bedeute "eine riesengroße Geschichte", sagte Petros, der in Eritrea geboren wurde und als 16-Jähriger nach Deutschland geflüchtet war: "Es war eine sehr, sehr lange Reise. Ich habe meine Mutter seit neun Jahren nicht gesehen, sie konnte den Lauf nicht verfolgen. Das ist sehr traurig". Aber dass er Silber gewonnen hat, werde ihr "auch viel Kraft" geben, sagte Petros in der ARD.
Petros war bei dem Hitzerennen durch die Straßenschluchten der japanischen Metropole aus dem Spitzentrio als Erster ins Nationalstadion eingelaufen und zog das Tempo dann noch einmal an. Auf den letzten Metern sah er schon wie der Sieger aus, doch Simbu kam immer näher heran. Petros stürzte sich mit letzter Kraft ins Ziel - aber Gold ging schließlich doch an Simbu.
Petros, der ehemalige deutsche Rekordhalter, gewann aber mit Silber völlig überraschend die zweite Medaille für das deutsche Team bei den Titelkämpfen in Japan, nachdem am Sonntag Malaika Mihambo ebenfalls Silber im Weitsprung holte. Richard Ringer (Rehlingen) kam nach 2:11:14 Stunden als 13. ins Ziel.
Außerdem holte Petros erst als zweiter deutscher Läufer der WM-Geschichte eine Marathon-Medaille. Waldemar Cierpinski hatte bei der ersten Ausgabe Bronze für die DDR gewonnen.
H.Davenport--NG