

Füchse trotzen Gidsel-Rot - deutsches Finale gegen Magdeburg
Die Füchse Berlin stürmten fast ohne ihren Welthandballer ins Finale, der SC Magdeburg behielt dank Tim Hornke in einem Krimi die Nerven: Europas Handball-Krone wird erstmals seit elf Jahren zwischen zwei Bundesliga-Klubs ausgespielt. Der scheinbar unaufhaltsame Meister aus Berlin greift dank eines 34:24 (18:12) gegen den HBC Nantes trotz einer frühen Roten Karte gegen den dänischen Weltmeister Mathias Gidsel nach der nächsten historischen Trophäe. Der SCM machte kurz darauf dank eines 31:30 (18:18) gegen den Titelverteidiger FC Barcelona das insgesamt dritte deutsche Champions-League-Endspiel perfekt.
Letztmals standen sich in der Saison 2013/14 mit der SG Flensburg-Handewitt und dem THW Kiel (30:28) zwei deutsche Vereine im Endspiel des Final Four in Köln gegenüber. Die Füchse könnten am Sonntag (18.00 Uhr/DAZN, Dyn, DF1) nur eine Woche nach ihrer ersten deutschen Meisterschaft erstmals auch die Königsklasse gewinnen, den Magdeburgern um den Blitz-Rückkehrer Gisli Kristjansson winkt der dritte CL-Titel nach 2002 und 2023.
Die Berliner mussten im Halbfinale gegen den französischen Vizemeister rund 50 Minuten ohne Gidsel auskommen, der Ausnahmespieler war nach einem unglücklichen Einsteigen früh zum Zuschauen auf der Tribüne gezwungen. "Es war sehr schwierig für mich. Wie die Mannschaft damit umgegangen ist, ist wirklich überragend", sagte Gidsel: "Wir haben heute gezeigt, wie gut wir sind. Unser System, mit mir und ohne mich, ist sehr, sehr stark."
Nationalspieler Tim Freihöfer trug vor 20.074 Zuschauern in der ausverkauften Lanxess Arena mit zehn Toren als bester Berliner Werfer einen großen Teil zum Berliner Erfolg bei. Das galt mindestens genauso für Dejan Milosavljev, der sein Tor mit knapp 40 Prozent gehaltener Bälle hinter einer starken Deckung zeitweise vernagelte.
Gidsel bekommt nun die Chance, bei seinem ersten Finalturnier in Europas wichtigsten Vereinswettbewerb eine märchenhafte Saison zu krönen. Jaron Siewert, gerade zum jüngsten Meistercoach in der Bundesliga-Geschichte aufgestiegen, könnte mit 31 Jahren auch auf Champions-League-Ebene als jüngster Sieger-Trainer in die Final-Four-Geschichte eingehen.
Der SCM ließ sich gegen den Rekordsieger auch von einem Fehlstart nicht aus dem Konzept bringen und drehte einen zwischenzeitlichen Vier-Tore-Rückstand noch zum Sieg. Schon beim bislang letzten Königsklassen-Triumph hatten die Magdeburger, bei denen Omar Ingi Magnusson (11 Tore) als bester Schütze herausstach, die Katalanen im Halbfinale aus dem Weg geräumt. Mit der Schlusssirene verwandelte Hornke zum Siegtreffer.
Zunächst war Magdeburg einem Rückstand hinterhergelaufen. Offensiv fand das Team um Kristjansson, der sich nach seiner Schulterverletzung rechtzeitig fit meldete und im Angriff begann, zwar immer wieder Lücken. Doch die Defensive war zu löchrig, das Starensemble um den französischen Superstar Dika Mem brach immer wieder durch.
Das 12:16 (23.) aus Magdeburger Sicht war aber noch lange keine Vorentscheidung. Eine strittige Rote Karte gegen Alex dos Santos Gonçalves (26.) weckte den SCM und auch die Fans in Kölner Arena auf. Das 25:24 (47.) war die erste Führung für das Team von Trainer Bennet Wiegert. In der Folge entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, bei dem Superstar Mem in der Crunchtime verletzt zuschauen musste, mit zahlreichen heiß diskutierten Schiedsrichter-Entscheidungen.
Gidsel war in der neunten Minute bei einem langen Schritt ausgerutscht - und hatte so unfreiwillig Nantes' Rechtsaußen Kauldi Odriozola in dessen Sprungbewegung per Grätsche abgeräumt. Das isländische Schiedsrichter-Gespann entschied nach Ansicht der Videobilder auf Rot - eine vertretbare Entscheidung.
Ohne den Bundesliga-MVP agierten die Berliner um den überzeugenden Nationalspieler Nils Lichtlein aber so, als sei nichts gewesen, und bauten den Vorsprung konsequent aus. Gidsel-Vertreter Fabian Wiede stellte beim 22:14 (36.) auf einen Acht-Tore-Vorsprung. Siewert konnte die Kräfte verteilen.
J.Fletcher--NG